Oder: Die Abschaffung der Kindheit

von Michael Winterhoff (2008) vom Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh.

Der Hype von den Winterhoff-Büchern ist erst spät auf mich übergeschwappt. Auslöser war sein Vortrag bei einer Fortbildung der KPH Graz. Erst dann habe ich mir gedacht, naja, vielleicht sind seine Niederschriften ja doch ganz brauchbar.

Außerdem muss ich gestehen, dass ich mir alles vorlesen ließ. Ich habe mir das Hörbuch besorgt, damit mir während meiner (damals noch) langen Pendelfahrten nicht langweilig wird.

Der erste Teil (seiner mittlerweile Quadrologie) wirft hauptsächliche Probleme auf. Was nicht schon alles falsch gemacht wurde, was man nicht alles falsch machen kann. Hauptsächlich betrifft das die Eltern der Kinder. Untermauert werden seine Thesen mit vielen Fallbeispielen, wobei man sicherlich das eine oder andere aus seinem Bekanntenkreis wiedererkennt (zumindest in ähnlicher Form). Allerdings gibt Michael Winterhoff noch recht wenig Antworten auf die vielen Fragen, die dadurch natürlich auftauchen.

Im Großen und Ganzen beschreibt er 3 Beziehungsstörungen, die unsere Gesellschaft immer weiter in den Abgrund treibt:

  1. Partnerschaftlichkeit: Eltern stellen sich auf eine Stufe mit den Kindern. Sie sehen ihre Kinder als Partner und nicht mehr als „Untergebene“, die man schützen sollte. D.h. den Kindern wird zu allem aus der Erwachsenenwelt Zugang gewährt. Der Satz „Dafür bist du noch zu klein!“ gehört der Vergangenheit an.
  2. Projektion: In dieser Phase stellen sich die Eltern bereits eine Stufe unter die Kinder. Das Kind hat das Sagen, bestimmt sein Leben und das der Eltern. Durch das Kind werden die Eltern geliebt werden, es dient als Messlatte.
  3. Symbiose: Nun sehen die Eltern ihre Kinder als eigenen „Körperteil“. Fehlverhalten des Kindes wird gar nicht mehr wahrgenommen. Die Schuld dafür (sollten die Eltern doch einmal darauf aufmerksam gemacht werden) wird sofort bei den anderen gesucht: „Mein Kind tut so etwas nicht!“, „Da hat ihn bestimmt wer dazu provoziert!“ usw.

Im letzten Kapitel kommt der gut gemeinte Stupser in die Richtung, welche wieder eingeschlagen werden sollte: Intuitive Erziehung. Dazu gehört auch Konsequenz, wozu uns unser Bauchgefühl auch meistens rät. Doch durch die ganzen äußeren Einflüsse á la „Was werden wohl die anderen denken?“ oder „Liebt mich mein Kind dann noch?“ lassen wir uns viel zu sehr davon abbringen auf unsere Intuition zu hören und es „richtig“ zu machen.